M&A Erfahrungsberichte – Praktikum bei Londoner Investmentbank (Ausgabe 1)
Wir sammeln gerade M&A(-Praktika) Erfahrungsberichte für Wiwiguru und freuen uns natürlich sehr darüber, dass du uns ein wenig deiner Zeit opferst. Erst einmal die Frage: Was ist grob dein Hintergrund, welche Vorerfahrungen hast du mitgebracht?
Ich habe an einer deutschen Uni BWL studiert und das Praktikum im Sommer zwischen meinem vierten und fünften Bachelor-Studiensemester in London absolviert. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits einige Monate in einem Praktikum in einer kleineren deutschen Bank in einem verwandten Bereich in Deutschland absolviert.
Unsere Leser interessiert sicherlich wie der Bewerbungsprozess abgelaufen ist? Wie viele Runden hast du gemeistert?
In meinem Fall war es so, dass ich über ein Spring Week-Programm, eine Art einwöchiges Mini-Praktikum, früh in meinem Studium erstmals mit der Bank, bei der ich das Praktikum absolviert hatte, in Kontakt kam. Derartige Programme werden von den meisten der bedeutenden global tätigen Investmentbanken (bulge bracket banks; BBs) in London und vereinzelt auch in Frankfurt angeboten. Ich kann jedem, der sich für das Tätigkeitsfeld interessiert, nur empfehlen, sich, sofern man noch am Anfang (erstes oder zweites Studiensemester) des eigenen Studiums steht, auf diese Programme zu bewerben, da sie eine hervorragende Chance bieten, bereits früh seine Chancen auf ein Praktikum und eine potenziell daraus resultierende spätere Festanstellung zu erhöhen.
Im Prinzip muss man es so sehen, dass die Einstellung von Praktikanten aus Sicht der Bank primär der Auswahl von geeigneten späteren Mitarbeitern der Bank dient. In diesem Sinne können alle Interviews, die Spring Weeks und auch das üblicherweise zehn Wochen andauernde Sommerpraktikum selbst als Schritt des Bewerbungsprozesses für einen Berufseinstieg nach dem Studium betrachtet werden. Auch im Laufe des Praktikums selbst wird konstant die eigene Leistung evaluiert und mit der der anderen Praktikanten verglichen (mehr dazu später).
In meinem Fall bestand der Bewerbungsprozess für das Sommerpraktikum jedenfalls aus den folgenden Schritten:
- ein erstes Telefoninterview von ca. 30 min
- eine zweite Runde mit zwei weiteren Telefoninterviews, die auch jeweils etwa 30-40 min andauerten
- ein einwöchiges Mini-Praktikum vor Ort in London (Spring Week)
- eine aus drei Gesprächen mit Bankern von Associate-Level (ca. 3-6 Jahre Berufserfahrung) bis Director-Level (ca. 8+ Jahre Berufserfahrung) bestehende Auswahlrunde vor Ort in London
Kannst du dich noch an den Ablauf deines Bewerbungsgesprächs erinnern?
Meine Gespräche waren größtenteils eine Mischung aus persönlichen und fachlichen Fragen (fit / technical questions). In einem meiner Gespräche wurde mir auch eine Case Study präsentiert, um zu testen, wie ich auf ungewohnte Probleme reagiere und deren Lösung angehe. Es ist wichtig, zu erwähnen, dass, da sich alle Bewerber zu dem Zeitpunkt, zu dem ich mich auf Spring Weeks bewarb, noch in den Anfängen ihres Studiums befanden, die Anforderungen etwas laxer waren als bei Studenten, die sich direkt auf ein Sommerpraktikum bewerben, da bei diesen dann entsprechend bereits Vorerfahrung in der Branche und mehr entsprechendes Vorwissen aus dem Studium erwartet wird.
Im Internet finden sich haufenweise Internetseiten mit Vorbereitungsmaterial für Interviews mit sowohl persönlichem als auch fachlichem Fokus, weswegen ich hier an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen möchte.
Wie waren deine ersten Wochen? Wurdest du ins kalte Wasser geworfen oder langsam an deine Aufgaben herangeführt?
Vor dem Beginn des Praktikums erhielten wir bereits Zugang zu Online-Lernmaterialien, die der Auffrischung grundlegender Accounting- und Corporate Finance-Themen dienten und auch bereits einen Online-Kurs zur Verbesserung unserer Fähigkeiten im Umgang mit Excel enthielt. Mir gefiel es besonders gut, dass das Sommerpraktikum zudem mit einem einwöchigen Training durch einen externen Trainer begann, da es, glaube ich, nicht in vielen Branchen so ist, dass derart viel Geld selbst in Praktikanten investiert wird. Für diejenigen, die nach dem Praktikum und dem verbleibenden Teil ihres Studiums bei einer der großen Banken beginnen, ist es zudem üblich, den Berufseinstieg mit einem ca. vierwöchigen Training entweder in London oder New York City zu beginnen.
Hinzu kommt, dass es immer wieder themen-/branchenspezifische Trainingssessions innerhalb des eigenen Teams für die Praktikanten gab, die ich persönlich als besonders interessant empfand. Auch mein persönlicher Buddy, der üblicherweise ein Analyst im eigenen Team mit 1-2 Jahren Berufserfahrung war, nahm sich immer wieder Zeit, um mir Dinge zu erklären und zu zeigen. Man merkte während des Praktikums deutlich, wie die Verantwortung, die einem übertragen wurde, im Laufe des Praktikums anstieg, was insbesondere auch eine Folge des wachsenden Vertrauens der ranghöheren Teammitglieder in einen war.
Weil das Praktikum für die Bank – wie bereits oben beschrieben – letztendlich auch der Suche nach neuen Mitarbeitern für Festanstellungen dient, wurden wir auch gegen Ende des Praktikums explizit auf unsere neu erlernten Fähigkeiten hin getestet. Wir erhielten jeder am Montag um 9 Uhr eine hypothetische Unternehmensübernahme präsentiert und hatten dann bis Mitternacht des darauffolgenden Tages Zeit, um das Übernahmeziel auf verschiedene Methoden zu bewerten und eine entsprechende PowerPoint-Präsentation zu erstellen, die dem Management des investierenden Unternehmens präsentiert werden könnte und die wir auch einem Konsortium aus Bankern mit Erfahrung in der entsprechenden Branche am Mittwochmorgen präsentieren mussten.
Der M&A-Bereich gilt als sehr anspruchsvoll und ist berüchtigt für seine langen Arbeitszeiten. Wie sahen deine Arbeitstage aus?
Man sollte sich definitiv im Vorfeld des Praktikums keinen Illusionen bezüglich der zu erwartenden Arbeitszeit hingeben, wobei dies normalerweise jedem angehenden Investmentbanking-Praktikanten bewusst ist. Letztendlich ist auch die hohe Erwartung an die Einsatzbereitschaft der Praktikanten zu einem gewissen Grad ein Test des Durchhaltevermögens und Auswahlprozesses durch die Bank.
Bei meiner Bank jedenfalls bestanden dennoch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Investmentbanking-Teams (die Financial Institutions Group / FIG hatte dabei traditionell immer die schlimmsten Arbeitszeiten). Für mich persönlich jedoch war es so, dass ich üblicherweise zwischen halb neun und neun morgens das Büro erreichte und dort bis spät abends blieb. Das genaue Arbeitsende variierte je nach gegenwärtiger Arbeitsbelastung stark, schwankte aber in den meisten Fällen zwischen zwölf und zwei Uhr, wobei ich auch drei Nächte meines Praktikums bis vier Uhr morgens oder länger im Büro war. Dies ist sicherlich nicht ohne, wirkt jedoch zunächst schlimmer, als es in der Realität ist. Dadurch, dass das gesamte Umfeld darauf ausgelegt ist, werden die Arbeitszeiten noch so erträglich wie möglich gemacht (sehr gute Kantine mit stark subventioniertem Essen, firmenfinanziertes Abendessen, das an den Arbeitsplatz geliefert wird, allg. Verständnis in der Branche für derzeitige Arbeitszeiten, firmenfinanziertes Taxi für den Rückweg nach Hause); für den vergleichsweise kurzen Zeitraum von zehn Wochen war dies für mich auf jeden Fall vollkommen in Ordnung. Außerdem konnten wir am Freitagabend das Büro meist bereits früher (gegen 9 Uhr) verlassen und Wochenendarbeit fiel – zumindest für mich – auch lediglich einige Male an.
Welche Aufgaben musstest du erledigen? Was davon war besonders interessant?
Es gab eine recht weite Bandbreite von Aufgaben, die ich während des Praktikums erledigen konnte. Dazu gehörten selbstverständlich verschiedene Recherche-Aufgaben und das regelmäßige Einpflegen neuer Unternehmensdaten in Excel-Sheets, die der Bereitstellung von Unternehmenskennzahlen für das Benchmarking von Unternehmen gegen vergleichbare Unternehmen in der Branche dienen sollten. Ebenso kam es auch häufig vor, dass einzelne Slides oder ganze Präsentationen für unterschiedliche Anlässe fertiggestellt werden mussten und dass wir auch an Finanzmodellen arbeiten durften.
Was mir nicht so gut an der Arbeit gefiel, war insbesondere, dass das Arbeitsumfeld generell doch sehr hierarchisch aufgebaut ist, was zur Folge hat, dass Arbeitsergebnisse wie bspw. Präsentationen erst nach und nach die einzelnen Hierarchiestufen nach oben wandern müssen und dabei oft von bis zu vier verschiedenen Personen genehmigt werden müssen, die oft Änderungswünsche äußern, welche man dann als Praktikant oder Analyst einzuarbeiten hat. Als besonders spannend hingegen empfand ich die Arbeit immer dann, wenn ich direkt an Finanzmodellen arbeiten durfte, zusammen mit festangestellten Mitarbeitern (meist Analysts oder Associates) Lösungen zu Problemen oder Fragen suchen und finden konnte oder ich eigenständig eine vollständige Präsentation erstellen durfte.
Noch eine letzte Frage: Wenn du wieder vor der Entscheidung stehen würdest – würdest du dasselbe Praktikum nochmal machen? Wenn ja, warum? Und: Zieht es dich in der Zukunft in den M&A-Bereich?
Ja, ich würde es auf jeden Fall wieder machen. Ich habe das Gefühl, deutlich mehr gelernt zu haben, als dies bei den meisten Praktika der Fall ist, habe neue Freunde gewinnen können und eine spannende Zeit gehabt. Auch wenn ich mich sehr darüber freue, dass ich diese Erfahrung machen konnte, so bin ich mir aber doch auch absolut sicher, dass ich später nicht in den Bereich gehen möchte. Dies liegt vor allem daran, dass ich ungern mehrere Jahre meines Lebens hauptsächlich im Büro verbringen möchte, was bei oft 80+ Stunden in der Woche im Büro wohl mehr oder weniger unvermeidlich ist, und daran, dass ich glaube, dass die Arbeit sehr schnell monoton wird und nicht die intellektuelle Stimulation bietet, die ich mir von einer späteren Beschäftigung erhoffe. Außerdem muss man auch beachten, dass die üblichen Ausstiegsmöglichkeiten nach eineinhalb bis zwei Jahren Investmentbanking grundsätzlich die gleichen Tätigkeiten aufweisen, wenngleich evtl. (beim Wechsel zu Private Equity- / PE-Gesellschaften) das Gehalt schneller steigt oder (bspw. im Corporate Development in Industriekonzernen) weniger Stunden gearbeitet werden müssen. Jedoch denke ich, dass jeder diese Erfahrung für sich selbst machen sollte, um herauszufinden, ob man denkt, dass man die Arbeit langfristig als erfüllend empfindet.
Wir bedanken uns für das interessante Interview!
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