Investment Banking Erfahrungsberichte: Praktikum bei Londoner Investmentbank (Ausgabe 2)
Vor wenigen Wochen haben wir unseren ersten M&A-Erfahungsbericht veröffentlicht, ebenfalls von einem Praktikanten einer Londoner-Investmentbank. Hier kommt unser zweites Interview.
Wir sammeln gerade Investmentbanking-Erfahrungsberichte für Wiwiguru und freuen uns natürlich sehr darüber, dass du uns ein wenig deiner Zeit opferst. Erst einmal die Frage: Was ist grob dein Hintergrund, welche Vorerfahrungen hast du mitgebracht?
Ich habe an einer der wenigen deutschen “Target-Universitäten” Wirtschaftswissenschaften studiert, also an den Unis, wo Banken direkt rekrutieren und Events veranstalten. Hier habe ich ab dem ersten Bachelorsemester Praktika absolviert, unter anderem im Venture Capital. Im 2. Semester habe ich an einer Spring Week teilgenommen und dann nach dem 4. Bachelorsemester bei einer Bulge Bracket Bank in London ein Praktikum im Investment Banking absolviert.
Unsere Leser interessiert sicherlich wie der Bewerbungsprozess abgelaufen ist? Wie viele Runden hast du gemeistert?
Der Prozess bei den Londoner Niederlassungen der großen Banken ist sehr standardisiert. Die erste Runde ist für deutsche Studenten meist 1-2 Telefongespräche mit Bankern (Analyst-VP), gefolgt von einem Assessment Center in London, dass eigentlich immer 1-2 Interviews (Associate-MD) und eine Case Study mit den anderen Bewerben enthält. Dazu können noch andere Assessment-Methoden verwendet werden.
Kannst du dich noch an den Ablauf deiner Gespräche erinnern?
Der Ablauf eines Interviews ähnelt sich auch bei allen Banken. Als erstes wird man gebeten den Interviewer durch den eigenen Lebenslauf zu führen. Das dauert dann abhängig davon wie viele Rückfragen der Interviewer hat 5-10 Minuten. Man sollte seine eigene “Geschichte” in ca. 3 Minuten und gut strukturiert erklären können. Danach folgen meistens einfache technische Fragen und Fragen, die einen auf Teamfähigkeit und soziale Kompetenz abklopfen sollen. Häufig wird man gebeten ein Szenario zu nennen indem man bestimmte Eigenschaften bewiesen hat oder, wie man sich in hypothetischen Szenarien verhalten würde.
Für jemanden der sich auf diese Art von Interviews vorbereitet empfehle ich das Erzählen der Geschichte gut zu üben und für die typischsten Charaktereigenschaften passende Erfahrungen parat zu haben. Einfache technische Themen, wie Sie in typischen Investment Banking Guides erklärt sind, sollte man sicher beherrschen. Ein gutes Verständnis der Themen die aktuell die Finanzwelt bewegen und der ein oder andere Deal der entsprechenden Bank sollten auch parat sein.
Für das Assessment Center ist dann ein tieferes Verständnis notwendig. Man sollte fähig sein das theoretische Vorwissen anzuwenden und auf dieser Basis Cases rechnen zu können. Außerdem muss man hier zeigen, wie gut man wirklich im Team arbeiten kann.
Wie waren deine ersten Wochen? Wurdest du ins kalte Wasser geworfen oder langsam an deine Aufgaben herangeführt?
Bei den großen Banken beginnt das Praktikum mit einem Training von ca. einer Woche. Hier erhält man Schulungen zu Themen wie Compliance und den üblichsten technischen Fähigkeiten, die man in seinem Job als Investmentbanker benötigt. Das Training dient aber eher der Angleichung des Vorwissens der verschiedenen Praktikanten, als dass man viel darüber hinausgeht. Außerdem lernt man welche Ressourcen einem in der Bank zur Verfügung stehen, vom internen Servicedesk bis zur externen Grafikabteilung die bei Power Point slides unterstützen.
Die Hauptaufgabe eines Analysten ist es, Associate und VP bei dem Erstellen von Pitches und dem Bauen, Updaten und Erweitern von Excel-Modellen zu unterstützen. Als Praktikant wird man an diese Aufgabe herangeführt, indem man ähnliche Aufgaben übernimmt wie der Analyst, allerdings in enger Zusammenarbeit mit dem Analysten und evtl. Associate. Man übernimmt vom ersten Tag an kleinere Aufgaben, und arbeitet dann immer eigenständiger. Ich denke, wenn man bereits erste Arbeitserfahrungen mitbringt ist der Einstieg definitiv gut machbar.
Das Investmentbanking gilt als berüchtigt für seine langen Arbeitszeiten. Wie sahen deine Arbeitstage aus?
In meinem Team waren die Arbeitszeiten noch recht human. Der Arbeitstag beginnt immer zwischen 9.00 und 9.30, nachhause ging es dann meistens zwischen 12.00 und 2.00, gelegentlich auch 11.00-12.00 oder 2.00-5.00. Manchmal musste ich Sonntag Nachmittag noch einmal ins Büro um akute Aufgaben zu erledigen, Samstage waren frei. In anderen Teams wurde täglich bis 4.00 oder später gearbeitet.
Dass man in diesem Job lange arbeitet, muss einem vorher bewusst sein, allerdings gewöhnt man sich überraschend schnell daran. Ich fand das lange Arbeiten weniger schlimm als den vollkommenen Verzicht auf Freizeit unter der Woche.
Welche Aufgaben musstest du erledigen? Was davon war besonders interessant?
Typische Aufgaben sind das Umsetzen von Papierentwürfen als Powerpoint-Slides, das Vorbereiten von internen Unterlagen und das Bauen von simplen Funktionen in Excel. Die interessantesten Aufgaben waren in jedem Fall, wenn ich eigenständig an Modellen Arbeiten konnte.
Inhaltlich ist die Arbeit nicht unbedingt anspruchsvoll, allerdings muss einem bewusst sein, dass ein extremes Maß an Präzision erwartet wird. Die Arbeit als Praktikant ist oft stumpfsinnig und wenig dynamisch, und die größte Gefahr ist unter diesen Umständen nachlässig zu werden. Alles was man als Praktikant macht wird korrekturgelesen, und jede falsche Fußnote, jede falsch ausgerichtete Textbox und jeder Rechenfehler fällt früher oder später auf. Solche Fehler sind nicht zu vermeiden, aber es ist die Aufgabe eines Praktikanten sie soweit möglich einzudämmen. Man sollte alles selbst mehrfach Korrekturlesen, dann selbst ausdrucken, und erst nach einer letzten Korrektur am Papier weitersenden.
Noch eine letzte Frage: Wenn du wieder vor der Entscheidung stehen würdest – würdest du dasselbe Praktikum nochmal machen? Wenn ja, warum? Und: Zieht es dich in der Zukunft ins Investment Banking?
Ich denke für meine berufliche Entwicklung war es in jedem Fall eine gute Erfahrung. Was ich besonders gut fand waren die ausgeprägten Feedbackmechanismen: Man wird mit jedem Fehler konfrontiert und hat in regelmäßigen Abständen angesetzte Feedbackmeetings. So gut umgesetzt hatte ich das bis dahin noch nicht erlebt. Die Arbeit selbst, obwohl oft langweilig, vermittelt einem die wichtigsten universellen Fertigkeiten wie Arbeiten und Kommunizieren im Team und Präzision bei der Arbeit, wie man sie wohl sonst nirgends eingetrichtert bekommt. Die Bezahlung ist sicherlich auch ein positiver Faktor. Das Praktikum kann ich von daher bedingt empfehlen, wenn man bereit ist die umfangreiche Vorbereitung hierfür in Kauf zu nehmen und mit den Arbeitszeiten zurechtkommt.
Insgesamt habe ich aber für mich während des Praktikums entschieden, dass ich nicht bereit bin in diesem Umfang auf Freizeit zu verzichten, vor allem nicht gegeben der Art der Arbeit. Außerdem habe ich Zweifel daran, wie wichtig die fachlichen Skills in Excel und Powerpoint in der digitalen Wirtschaft sein werden.
Vielen Dank für das Gespräch.
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